Eine Woche als Fotograf beim WEF

Jedes Jahr findet das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos statt und sorgt für Schlagzeilen. Weltweit wird mit Bildern und Videoaufnahmen im Fernsehen, Internet sowie in der Presse davon berichtet.

Über die Arbeit eines WEF Fotografen in dieser spannenden Woche möchte ich dir in diesem Artikel einen Insider-Bericht geben.

Der Auftrag

Wir sind ein Team von 15 offiziellen Fotografen. Unser Auftrag ist es, von Montagabend bis Freitagmittag an die 400 Sessions (darunter Panels, Workshops, Dinners etc.) zu dokumentieren. Du kannst es dir wohl vorstellen – es ist eine intensive und zugleich extrem aufregende Woche!

Ankommen in Davos

Das erste Zusammentreffen des Teams ist bereits am Sonntag. Um 17:15 Uhr findet unser erstes Meeting statt, an dem wir über das Programm informiert werden und alle relevanten Eckdaten erhalten.

Generell ist es wichtig, dass die Bilder schnell online verfügbar sind. Sie sollten also innerhalb 2-3 Stunden nach einer Session bearbeitet, beschriftet und auf Flickr geladen werden.

Wie dem gesamten internen und externen Staff des WEF werden uns Wohnungen zugewiesen. Zu dritt haben wir uns dieses Jahr eine 4.5 Zimmer Wohnung geteilt. So hat jeder sein eigenes Zimmer gekriegt, was absolut fantastisch ist. Wir hatten dieses Jahr Glück und eine wunderschöne Wohnung erwischt. Darüber hinaus hat der Eigentümer uns echten Champagner geschenkt und das Bügelbrett für unsere Anzüge stand auch schon bereit. Merci an dieser Stelle.

Die Woche beginnt – Es geht los

Am Morgen vor meinem ersten Einsatz nehme ich mir jeweils etwas Zeit für die Vorbereitung der Metadaten, mit denen wir die Bilder kennzeichnen. Wir erhalten vom Chef des Fotografenteams eine Vorlage mit den Beschriftungen und „Tags“. 

Ich arbeite mit einem Software-Tool namens Photo Mechanic von Camera Bits. Damit kann ich eigene Templates erstellen und diese mit Platzhaltern versehen, so dass ich sie später ausfüllen und auf den Foto-Import anwenden kann. Praktisch ist, dass Photo Mecanincs beim Import die Bilder auf zwei verschiedene Geräte speichern kann. Z.B. auf den Laptop und auf eine externe Festplatte. So habe ich immer ein Backup, falls irgendetwas passiert. Zudem prüft Photo Mecanics beim Import, ob die Bilder korrekt kopiert wurden und nicht etwa korrupt sind. 

Ebenso merkt sich das Tool, welche Daten es bereits von der Speicherkarte kopiert hat und setzt entsprechende Marker. So muss ich nie überlegen, was ich importiere. Dieses Tool erspart mir somit erheblich viel Zeit.

Je nach Einsatzplan geht es zwischen 07:30 oder 09:00 Uhr los mit dem Fotografieren der Sessions.

📸 Sandra Blaser

Grosses Ziel, knappe Zeit

Unser Ziel als WEF-Fotografen und Fotografinnen ist, dass jede, der im offiziellen WEF-Programm erwähnten Personen mindestens ein gutes Portrait hat. Mein eigener Anspruch ist, dass ich Minimum je ein Bild im Hochformat und eines im Querformat mache oder dass ich wenigstens zwei gute Bilder habe, die verwendet werden können. Ist eine der Sessions ein Panel, kommt noch mindestens ein Übersichts-Shot dazu. 

Wichtig ist auch, dass wir die Leute beim Sprechen erwischen. Es gibt Panels, da wird am Anfang die Vorstellungsrunde gemacht, was eine gute Gelegenheit bietet, die einzelnen Personen zu fotografieren.

Bilder von einer Person, die spricht und am Gestikulieren ist, wirken spannender als von einer Person, die zum Gegenüber schaut und nickt. Wir möchten gerne Fotos mit starken Gesichtsausdrücken und energetischer Körpersprache machen. Das bedeutet, dass wir teilweise bis zum Ende einer Session anwesend sind. Dies ist zeitlich leider nicht immer machbar. In solchen Fällen ist dann die eigene Kreativität gefragt.

Enggetaktete Einsätze

Mattias Nutt ist verantwortlich für die Einsatzplanung aller WEF Fotografinnen und Fotografen. Aufgrund der Programmdichte ist diese Planung oft enorm eng. So hatte ich z.B. am Dienstag zwei parallele Sessions, die um 09:00 starteten und bereits im Anschluss um 10 die nächste. D.h. ich hatte innerhalb den ersten zwei Stunden, in denen ich am Dienstag im Einsatz war, gleich drei Events zu dokumentieren. 

Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sind bekannterweise die intensivsten Tage. Stellenweise sind wir von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr abends unterwegs. An diesen Tagen sehen wir uns auch kaum innerhalb des Teams. Man sieht sich ab und zu auf den Gängen und manchmal reicht die Zeit für ein kurzes Gespräch. Nach den Sessions gehts zum Abendessen. 

📸 Sandra Blaser

Am WEF gibt es die sogenannten „Dinners“ oder Open Forums, die wir ebenfalls dokumentieren. Die Dinners bilden nochmals eine spezielle Herausforderung, da zum einen das Servierpersonal unterwegs ist und häufig mit ins Bild gerät und das Licht für uns Fotografen meist unbrauchbar ist. Den Blitz einsetzen möchte man auch nicht, da die Leute ja einen entspannten Abend haben sollen. Nach dem Einsatz, der gut und gerne bis 22:30 Uhr dauern kann, bleiben noch 1500 Bilder für die Selektion, Bearbeitung und Bereitstellung.

📸 Manuel Lopez

Die Qual der Wahl

Die Selektion der Bilder geschieht bereits auf der Kamera. Auf den Computer kopiere ich jedoch alle Bilder. Dort schaue ich mir die vorausgewählten Fotos noch einmal an und selektioniere ein weiteres Mal, so dass ich beispielsweise von 200 Bildern auf 10-20 Bilder komme. Diese werden dann mittels Photo Mechanic mit „tags“ wie Personennamen, Sessionname, Raum, Session-ID usw. versehen und am Ende mit dieser Beschreibung auf Flickr dargestellt.

So gehen die Tage rasant vorbei und plötzlich sitzt man am Freitagabend beim „Farewell Media Dinner“. Zum gemeinsamen Fondue sind sämtliche Nachrichtensender wie CNN, BBC, SRF, aber auch unser Fotografenteam eingeladen und können etwas Networking betreiben und den Event gemütlich ausklingen lassen. 

Am Samstagmorgen müssen wir nach einer spannenden und intensiven Woche bis spätestens 10 Uhr die Wohnung verlassen. 

Danke Sony Schweiz!

An dieser Stelle möchte ich noch Sony Schweiz erwähnen. Sony hat mich für das WEF mit dem neusten Material ausgerüstet. Darunter zwei Kameras: Einmal die Alpha 7R V, die ich mal testen wollte und dann noch eine zweite Alpha 1 damit ich mit zwei gleichen Kameras unterwegs sein kann, welche ich sozusagen „blind“ einstellen und bedienen kann. Des Weiteren bekam ich vier Objektive: 400mm, 70/200mm , 24/70mm und 50mm f1.2 für die Dauer des WEF zur Verfügung gestellt.

Der Support von Sony Schweiz ermöglichte es uns, die Dokumentation dieses Grossevents wunderbar abzudecken.

Numbers and stats

Alles in allem haben wir im Flickr-Album 8894 Fotos und das Album hat bereits an die 50’000 Aufrufe. Auf den Bildern haben wir während des WEF zw. 1.2 und 2.2 Mio. Views pro Tag. Die Bilder werden den Medien und Plattformen zu Verfügung gestellt, welche nicht mit Agenturen wie Keystone-SDA oder Getty Images einen Vertrag haben. 

Alle meiner öffentlichen Bilder findet ihr in der moodcase Galerie.